Halberstädter Volksstimme vom 06.06.2013
Markus Gorges: „Kaufmannsgilde hantiert mit falschen Fakten“
Von Jörg Endries
Halberstadt l Die Kaufmannsgilde Halberstadt lässt nichts unversucht, um das geplante Nahversorgungszentrum „Harzhof“ am südlichen Stadtrand Halberstadts zu verhindern. Die Innenstadthändler befürchten, dass die Konkurrenz auf der grünen Wiese Geschäfte und damit Arbeitsplätze im Stadtzentrum vernichten würde.
Aus diesem Grund hat die Gilde ein eigenes Gutachten zur Notwendigkeit und Verträglichkeit des „Harzhofes“ anfertigen lassen. Das städtische GMA-Gutachten wird als „Gefälligkeitsgutachten“ bezeichnet. Bei der Präsentation hagelte es Kritik. „Das Einzelhandelskonzept der Stadt Halberstadt weist methodische Schwächen und interne Widersprüche auf, die Auswirkungsanalyse ist mangelhaft.“ (Volksstimme berichtete)
„Mit der Entwicklung dieses Gebietes soll ein erheblicher baulicher Missstand im unmittelbaren Stadteingang beseitigt werden.“
Für CDU-Stadtrat Markus Gorges ist das ein erneuter Versuch der Kaufmannsgilde, das Projekt „Harzhof“ zu torpedieren. „Diesen Vorwurf, das städtische Papier sei ein Gefälligkeitsgutachten, kann ich als langjähriger Stadtrat unserer Kreisstadt nicht unkommentiert stehen lassen.“ Die GMA habe für die Stadt Halberstadt ein Einzelhandelskonzept erstellt, welches die gesamte Stadt (vor Eingemeindung vier weiterer Orte) betrachtet. Für den Stadtrat sei das Papier Handlungsgrundlage. Zusätzlich sei im Rahmen der gesamten Entwicklung des Bereichs südwestlicher Ortseingang, Harzstraße, Florian-Geyer-Straße eine Wirkungsanalyse angefertigt worden, die eine Unterversorgung dieses Stadtgebietes ausweist.
Das Gutachten der Kaufmannsgilde stellt dazu fest: „Im Umfeld gibt es 2000 fußläufig unterversorgte Einwohner (ohne Pkw). Bereits ein nur 800 Quadratmeter großer Supermarkt benötigt jedoch 3000 bis 4000 Bewohner aus dem näheren Umfeld, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Ein 3100-Quadratmeter-Markt, wie im Fall des ¿Harzhofes\‘, benötigt das Vielfache. Das bedeutet, der Markt muss Kunden von weiter weg anziehen.“ Für die Kaufmannsgilde ist das eine akute Gefahr für die Innenstadthändler. Markus Gorges: „Tatsächlich leben im Umfeld mehr als 3000 Anwohner.“ Zusätzlich wolle ein privater Investor auf dem Gelände des ehemaligen Kraftverkehrs in der Südstraße Wohnhäuser für mehrere hundert Bürger bauen.
„Genauso gut kann man das von einem Dortmunder Büro für die Kaufmannsgilde erstellte Gutachten als Gefälligkeitsgutachten bezeichnen, da es sich nicht an der sachlichen und fachlichen Richtigkeit orientiert, sondern am mutmaßlichen Interesse seines Auftraggebers, in diesem Falle der Kaufmannsgilde“, kritisiert der Stadtrat. Die wahrscheinlich im unteren 5- stelligen Bereich anfallenden Kosten für das Gutachten hätte die Kaufmannsgilde stattdessen lieber für Marketingzwecke, Unterstützung der Innenstadthändler oder der Verschönerung des Weihnachtsmarktes bereitstellen sollen, kommentiert Gorges lax.
Nach seiner Ansicht wird wiederum mit falschen Fakten hantiert. Demokratisch gefasste Beschlüsse, die mit deutlichen Mehrheiten im Stadtrat seit 2007 verabschiedet wurden, würden nicht akzeptiert. Stattdessen solle mit Spekulationen, Vergleichen und Mutmaßungen ein Gesamtprojekt der Stadt, der HaWoGe und von privaten Investoren verhindert werden. Die Kaufmannsgilde lasse völlig außer Acht, dass es sich bei der Entwicklung des Harzhofes um ein Gesamtprojekt der städtischen Stadtentwicklung handelt. „Mit der Entwicklung dieses Gebietes soll ein erheblicher baulicher Missstand im unmittelbaren Stadteingang beseitigt werden.“
Zum Vorwurf von Rathauspassagenchef Enrico Burau, dass die Stadt mit der Ansiedlung des Media-Marktes am Stadtrand schon einmal einen großen Fehler gemacht habe, der in diesem Jahr zur Schließung des Pro-Marktes in den Rathauspassagen geführt habe, argumentiert Markus Gorges: „Sicherlich wird es immer wieder Kaufkraftverschiebungen innerhalb der Stadt geben. Aber die Schließung des Elektronikfachmarktes in der Rathauspassage ganz auf die Ansiedlung des Mediamarktes zu schieben, ist zu einfach.“